LZPD Podcast-E Kapitel 5
Kapitel 5: Strategische Gesamtkonzeption
Das Kapitel 5 widmet sich der Strategie. Die Führungsinstrumente und Handlungsempfehlungen aus der Rahmenkonzeption Führung sind in ein strategisches Gesamtkonzept einzubetten. Daher geht dieses Kapitel auf die Verantwortung der Behördenleitung ein und thematisiert die Zielhierarchie für die verantwortliche Wahrnehmung von Führung. Es werden Handlungsfelder und Erfolgsfaktoren benannt, das Monitoring von Führungsleistungen und Intervention thematisiert und Zuständigkeiten in der Polizeiorganisation definiert.
5. Strategische Gesamtkonzeption
In dieser Rahmenkonzeption sind Standards für die Führungsstrategie der Polizei NRW sowie Führungsinstrumente und Handlungsempfehlungen dargestellt bzw. definiert. Diese sind auf den jeweiligen Ebenen in einen strategischen Prozess einzubetten. Dabei soll die Führungsstrategie die Fachstrategien der Polizei NRW wirkungsvoll flankieren und deren Umsetzungen fördern. Der Wertehorizont dieser umspannenden Führungsstrategie basiert auf dem Wertefundament der Verfassung. Die inhaltliche Implementierung der Rahmenkonzeption „Verantwortliche Wahrnehmung von Führung in der Polizei NRW“ in die strategische Steuerung der Kreispolizeibehörden unterstützt die wirksame Umsetzung der Fachstrategien. Diese Verzahnung ermöglicht der Organisation umfassend die Gesamtstrategie mit allen Prozessen und Ressourcen zur Zielerreichung anzupassen und fortzuschreiben, um die Organisationsziele bestmöglich zu erreichen.24 Gute Führung trägt dazu bei, die Fachstrategien effektiv umzusetzen. Das Vorgehen basiert dabei als zentrales Element eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) auf dem PDCA-Zyklus, bestehend aus den vier Prozessschritten Planen (Plan), Ausführen (Do), Überprüfen (Check) und Anpassen (Act). In diesem sind die definierten Standards planmäßig vorzubereiten, zu praktizieren, das Verfahren auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen und bei Notwendigkeit anzupassen.
Die Formulierung von Zielen ist wesentliche Voraussetzung für eine strategische Steuerung und operative Umsetzung in den Polizeibehörden. Die zugrundeliegenden steuerungsmethodischen Anforderungen werden durch eine Zielhierarchie gewährleistet, die nachfolgend dargestellt wird. Die sich daraus ergebenden Mittler- und Handlungsziele sowie identifizierte Handlungsfelder, Erfolgsfaktoren und erfolgssichernde Maßnahmen führen durch Umsetzung und Anwendung auf behördlicher Ebene zu einer nachhaltigen Wirksamkeit. Eine landesweite Umsetzung bleibt einem Konzept mit entsprechenden Standards vorbehalten.
5.1 Verantwortung der Behördenleitung
Der Erfolg und die Identität der Organisation werden durch die Führung und Verpflichtung der Behördenleitung verantwortet.25 Die Verantwortung für die behördenstrategische Steuerung liegt daher bei der Leitung der Polizeibehörde, in den Landratsbehörden zudem bei der Abteilungsleitung Polizei. Ein erfolgreiches Vorgehen erfordert die strukturierte Einbindung der Führungsstrategie in die gesamtstrategische Ausrichtung der Polizeibehörden. So können erfolgreiche Führung vor Ort nachhaltig implementiert und Organisationsziele im erwarteten Umfang erreicht werden.
5.2 Zielhierarchie für die verantwortliche Wahrnehmung von Führung
Gute Führung ist ein wesentlicher Schlüsselfaktor für eine leistungsstarke Polizei. Dabei ordnet der Leitgedanke das Thema Führung im gesamten Organisationsverständnis ein und verdeutlicht damit die Relevanz für eine erfolgreiche Organisation. Die Zielhierarchie dieser Rahmenkonzeption stellt eine Rangordnung der in der Polizei NRW anzustrebenden Ziele für gute Führung dar. Die Ziele der Rahmenkonzeption sind perspektivisch ausgerichtet und hierarchisch in Ebenen gegliedert. Das Leitziel beschreibt die langfristig ausgerichtete Führungsstrategie der Polizei NRW. Aus dem Leitziel werden gleichrangige Mittlerziele zur Konkretisierung abgeleitet. Auf der Ebene der Handlungsziele erfolgen konkrete Zielvorgaben und die Definition von Erfolgsfaktoren. Die Beziehungen zwischen den einzelnen Zielen sollten komplementär sein, damit die Erreichung des einen Zieles die Erreichung eines anderen Zieles nicht gefährdet oder sogar ausschließt.
5.2.1 Leitziel
Das Leitziel ist ein wichtiger Bestandteil der strategischen Ausrichtung einer Organisation. Es wirkt nach innen, ist damit identitätsstiftend und fördert durch die entstehende emotionale Verbundenheit mit der Polizei NRW den Erhalt der Arbeitsfähigkeit. Es bietet Orientierung zur Umsetzung und gibt an, welchen Prinzipien sich die Führungsstrategie verpflichtet (siehe Abschnitt 2.3). Das Führungshandeln ist stets am oben dargelegten Wertehorizont (siehe Abschnitt 2.1) auszurichten und unterliegt damit auch ethischen Aspekten. Diese Art der Führung muss aktiv gelebt und verantwortlich wahrgenommen werden. Die Identifikation schafft Verbundenheit der Führungskräfte und Mitarbeitenden mit den Werten und Zielen der Organisation. Leitziele entfalten die größte Wirkung, „wenn sie gemeinschaftlich […] persönlich verkündet werden. Sie werden in diesem Augenblick ‚lebendig‘.“26
5.2.2 Mittlerziele
Während bei dem Leitziel die grundsätzliche Ausrichtung an den zentralen Werten und ihr identitätsstiftender Charakter im Vordergrund stehen, fokussieren Mittlerziele stärker auf das, was bewirkt werden soll. Durch die strategischen Entscheidungen und Standards dieser Rahmenkonzeption erfolgen Zielformulierungen, die nicht zur Disposition des Einzelnen gestellt sind. Führung hat die Aufgabe, die Balance zwischen Organisationsinteressen und Mitarbeiterorientierung herzustellen. Führung ist auch in diesem Sinne anspruchsvoll. Zu berücksichtigen sind die Erwartungen der Mitarbeitenden und der Vorgesetzten sowie die Rahmenbedingungen, z. B. die Flexibilisierung von Dienstzeiten, Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege, die Besoldungs- und Versorgungsstrukturen oder das BGMPol NRW. Folgende Mittlerziele wurden innerhalb der Landesarbeitsgruppe aus dem Leitziel abgeleitet: · Führungskräfte haben einen verlässlichen Rahmen für den Führungsprozess Verlässliche Handlungsrahmen innerhalb der Organisation sind notwendige Voraussetzungen, um Führungskräften und ihren Mitarbeitenden Orientierungen zu bieten. Der Begriff umfasst eine Verbindlichkeit, eine Nachvollziehbarkeit und eine daraus resultierende Berechenbarkeit. Der Handlungsrahmen setzt sich aus klar definierten Vorgaben und einem grundsätzlichen Wertefundament zusammen. Die Rahmenbedingungen für Führungskräfte sind so zu gestalten, dass sie die theoretischen Möglichkeiten und praktischen Gegebenheiten für gute Führung bieten. Die benannten Führungsinstrumente und Handlungsempfehlungen (siehe Abschnitt 3 und 4) sind zielführend.
- Die individuellen Führungskompetenzen sind identifiziert und gestärkt Führungskräfte sind in der Regel für eine Vielzahl von Mitarbeitenden zuständig. Sie stehen unter diversen dienstlichen, sozialen und kommunikativen Einflüssen. Erfolgreiche Führung ist in hohem Maße abhängig von den individuellen Kompetenzen der Führungskräfte. Aufgrund dessen sind erforderliche Kompetenzen, aber auch Entwicklungspotenziale – bestenfalls bereits bei der Auswahl von Führungskräften – zu identifizieren, zu stärken und zu fördern. Hier nimmt die Qualifizierung von (angehenden) Führungskräften, insbesondere durch Aus- und Fortbildung, eine besondere Rolle ein.
- Führungskräfte fühlen sich wertgeschätzt Wertschätzung ist ein zentrales menschliches Bedürfnis und damit das Bedürfnis aller Beschäftigten. Ein respektvoller Umgang sowie das Entgegenbringen von Interesse sollten für Mitarbeitende wie Führungskräfte selbstverständlich sein. Erfahren Führungskräfte eine angemessene Wertschätzung und Rückhalt durch ihre Vorgesetzten, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, dass auch sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Wertschätzung führen.
- Führungsbeziehung zeichnet sich durch ein ausgewogenes Verhältnis von Leistung und Mitarbeiterzufriedenheit aus Im Fokus steht sowohl die Beziehung zwischen der Führungskraft und den Geführten als Individuen als auch zum Team bzw. zur Organisationseinheit. Dieses Ziel berücksichtigt die positive Einstellung und Haltung der Führungskräfte zu den Beschäftigten und ihrer Arbeit. Es besteht weder Unter-, noch Überforderung oder Überlastung, es werden Ängste vermieden und die Zusammenarbeit ist von gegenseitiger Anerkennung geprägt. Diese Einstellungen können für die Arbeit als Ganzes oder in Bezug auf einzelne Aspekte (z. B. die Arbeitsaufgabe, die Arbeitsbedingungen, die Führungskräfte, die Teammitglieder) maßgeblich sein.27
5.2.3 Handlungsziele
Die Handlungsziele setzen unmittelbar am Praxisgeschehen an. Handlungsziele können vorgeben,
- welcher konkret beschreibbare Zustand erreicht sein soll und
- welche Leistungen konkret zu erbringen sind.
Innerhalb der Gestaltungsbereiche der Führungsstrategie der Polizei NRW, insbesondere auf Ebene der Polizeibehörden, bedarf es klar definierter Handlungsziele, die sich auf die angeführten Mittlerziele beziehen bzw. sich aus diesen ableiten. Sie veranlassen zu Handlungen, organisieren diese und richten sie auf die angestrebten Ergebnisse aus. Sie müssen so gestaltet sein, dass sie die landesweiten und örtlichen Handlungsnotwendigkeiten und Herausforderungen genau erfassen. Die Handlungsziele bilden als konkret operationalisierbare Ziele die unterste Stufe der Zielhierarchie ab. Sie setzen somit unmittelbar an der Praxisebene an. Dabei ist zu beachten, dass Mittlerziele durchaus mehreren Handlungsfeldern und damit verbundenen Handlungszielen zugeordnet sein können. Dementsprechend kann ein Handlungsziel sowohl vorgeben, welcher konkret beschriebene, veränderte oder stabilisierte Zustand realisiert werden soll als auch welche Leistungen konkret zu erbringen sind. Die Polizeibehörden setzen die Handlungsziele und Erfolgsfaktoren auf den entsprechenden Handlungsebenen eigenverantwortlich unter Beachtung landesweiter Regelungen um. Die Betrachtung landesweiter Standards in den Sicherheitsprogrammen und -bilanzen bleibt einem späteren Konzept vorbehalten.
5.3 Handlungsfelder und Erfolgsfaktoren
Die nachfolgend aufgeführten Handlungsfelder ergeben sich aus den bei der Entwicklung der Rahmenkonzeption identifizierten Schwerpunktsetzungen. Es handelt sich um strategische Gestaltungsbereiche, in denen durch die Organisationsverantwortlichen über definierte Prozesse und Strukturen überprüfbar Einfluss auf Führungsleistungen genommen wird. Die nachfolgend aufgeführten Gestaltungsbereiche sind so beschrieben, dass sie sowohl auf Landes- als auch auf Behördenebene in einem Managementprozess (PDCA-Zyklus) effektiv und effizient umgesetzt werden können. Innerhalb der Handlungsfelder sind Erfolgsfaktoren bzw. erfolgssichernde Maßnahmen bestimmt. Eine trennscharfe Abgrenzung der Handlungsfelder sowie der Erfolgsfaktoren und erfolgssichernden Maßnahmen ist nur begrenzt möglich und auch nicht empfehlenswert, da sie sich gegenseitig bedingen und beeinflussen. Eine ganzheitliche Führungsstrategie profitiert von einem integrativen und koordinierten Zusammenwirken aller Bereiche.
5.3.1 Führungsbedingungen
Gesellschaftliche Veränderungen haben Einfluss auf dienstliche Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der externen Erwartungen, die an Führungskräfte sowie an die Organisation gestellt werden. Zu guter Führung gehört auch, den sich verändernden gesellschaftlichen Aspekten, der darauf reagierenden und entwickelnden Organisation mit ihrem Wertehorizont und dem sich verändernden Mitarbeitergefüge in komplexen Abhängigkeiten gerecht zu werden. Neben den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zählen wesentliche Entscheidungen innerhalb der Organisation zu den Bedingungen für ein Gelingen von guter Führung. Damit gemeint sind Entscheidungen aller Hierarchieebenen einschließlich der politischen, die auf diese Auswirkungen haben können. Deshalb sind solche Entscheidungen unter Berücksichtigung der Führungsstrategie der Polizei NRW zu treffen und die Folgen abzuwägen. Die Führungsstrategie schafft Voraussetzungen, in denen sich Führungskräfte anerkannt und respektiert fühlen sowie das Gemeinschaftsgefühl und die Leistungsorientierung insgesamt gesteigert werden. Dies ist die Basis für gute Führung und wirkt Studienergebnissen zufolge auch als Anreiz zur Übernahme von Führungsverantwortung. Weiteren Einfluss nehmen die Führungsstrukturen, in denen sich Führungsprozesse abspielen. So bedarf es beispielsweise einer angemessenen Größe von Führungsspannen, einer Präsenz von Führungskräften in der Fläche und der sinnvollen Nutzung neuer Technologien zur Information und Kommunikation mit Mitarbeitenden. Erfolgsfaktoren bzw. erfolgssichernde Maßnahmen sind insbesondere:
- Personalentwicklungskonzepte, auch für Führungsaufgaben, z. B. durch Hospitationsprogramme und Mentoring,
- Identifizierung und Auswahl geeigneter Führungskräfte (siehe Abschnitt 2.5.1),
- Qualifizierung von Führungskräften durch Aus- und Fortbildung (siehe Abschnitt 2.5.2), insbesondere hinsichtlich Führungskommunikation, Werteorientierung, Anwendung von Führungsinstrumenten, Inklusionskompetenz,
- Einführung neuer Führungskräfte in die Aufgaben, u. a. durch Mentoring (siehe Abschnitt 3.2.3),
- Reflexionsmöglichkeiten für Führungskräfte während oder parallel zur Aufgabenwahrnehmung, beispielsweise durch kollegiale Beratung und Supervision (siehe Abschnitte 3.2.4 und 3.2.6),
- Umsetzung der Standards aus der Rahmenkonzeption BGMPol NRW, insbesondere hinsichtlich einer salutogenen Führung,
- Gestaltung von Führungsinformationen und Führungskommunikation für die sachgerechte Aufgabenwahrnehmung einschließlich einer angemessenen Besprechungsstruktur.
5.3.2 Führungskultur
Führungskräfte und Mitarbeitende entwickeln Ideen zur Erreichung der Organisationsziele und ergänzen sich in ihren Kompetenzen. Durch die transparente und angemessene Delegation von Aufgaben und Schaffung von dazu notwendigen Handlungsspielräumen wird neben der Wertschätzung und dem gegenseitigen Respekt auch Vertrauen zum Ausdruck gebracht. Dies schafft ein Klima und kulturellen Rahmen, in dem sich beide Seiten einbringen und sich mit der Organisation und deren Zielen verbunden fühlen. Erfolgsfaktoren bzw. erfolgssichernde Maßnahmen sind insbesondere:
Formulierung von ggf. auch bereichsspezifischen Führungsleitbildern und Führungsgrundsätzen zum Rollenverständnis der Führungskraft und zum Führungsverständnis in der Behörde,
- Schaffen von hierarchieübergreifenden Dialogformen,
- Praxisbegleitungen durch übergeordnete Führungskräfte,
- Freiräume für soziale Begegnungen von Führungskräften sowie von Führungskräften und Mitarbeitenden,
- Verankerung verantwortlicher Wahrnehmung von guter Führung in Landes- und Behördenstrategien.
5.3.3 Führungsverhalten
Führungskräfte bestimmen durch die Art und Weise ihres Verhaltens maßgeblich die Qualität von Führung. Durch ihr Verhalten sind Führungskräfte Vorbild für Mitarbeitende und fördern so die Bereitschaft zur Leistungsorientierung bzw. eine Leistungssteigerung zur Erreichung der Organisationsziele. Erfolgsfaktoren bzw. erfolgssichernde Maßnahmen sind insbesondere:
- Anwendung der festgelegten Führungsinstrumente, insbesondere des Führungsfeedbacks (siehe Abschnitt 3.2.2) und von Mitarbeitergesprächen (siehe Abschnitt 3.2.1),
- Beachtung von Handlungsempfehlungen, insbesondere in schwierigen Führungssituationen (siehe Abschnitt 4),
- Identifizierung von Führungskompetenzen und Stärkung dieser Kompetenzen durch (verhaltensorientierte) Fortbildungsmaßnahmen und Coaching (siehe Abschnitt 3.2.5),
- Stärkung der demokratischen Resilienz, interkulturellen Kompetenz und Diversitätskompetenz (vgl. Abschnitt 2.2) durch Fortbildungsmaßnahmen und Durchführung von Dialogveranstaltungen auch mit externen Organisationen und Institutionen,
- Monitoring des Führungsverhaltens und ggf. Exploration sowie Intervention (siehe folgender Abschnitt).
5.4 Monitoring von Führungsleistungen und Intervention Erfassung und Messung von Führungsleistung sowie Intervention bei Optimierungsbedarf greifen prozesshaft ineinander und müssen, wie die Führungsstrategie der Polizei NRW insgesamt, einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess dienen. Das Mittlerziel „Führungskräfte haben einen verlässlichen Rahmen für den Führungsprozess“ (siehe Abschnitt 5.2.2) bedingt Verbindlichkeit, Nachvollziehbarkeit und Berechenbarkeit. Die Beachtung der dienstlichen Standards muss einer Nachprüfbarkeit zugänglich sein. Daher besteht ein Anspruch auf Messung der Führungsleistung als zentralem Treiber des Organisationserfolges. Die Messung von Führungsleistung bedeutet in diesem Verständnis gleichzeitig deren Wertschätzung als Ausdruck ihrer besonderen Anforderungen. Auch die Mittlerziele der Wertschätzung von Führungskräften sowie der Identifizierung und Stärkung der individuellen Führungskompetenzen (siehe Abschnitt 5.2.2) legt diese Vorgehensweise nahe. Das Verfahren besteht aus den drei Schritten: Monitoring – Exploration – Intervention.
Für das Monitoring wird den Polizeibehörden ein Messinstrument zur Verfügung gestellt. Dieses ermöglicht über die Bewertung von Indikatoren eine unterjährige Betrachtung von Führungsleistungen in Organisationseinheiten. Es ergänzt damit die behördenstrategische Steuerung über die Sicherheitsprogramme. Das kontinuierliche Monitoring wird in die etablierte Steuerungssystematik der Polizei NRW einbezogen, die Umsetzung in die Verantwortung der Polizeibehörden gegeben. Es ermöglicht der jeweiligen Behördenleitung eine Abbildung und Bewertung ihrer Organisationseinheiten bezogen auf Führungsleistung. Die Entwicklung des Messinstruments erfolgt sukzessiv über die Identifizierung und Nutzung aussagekräftiger Indikatoren und deren seriöse Interpretation. Monitoring dient nicht der Bewertung von Führung, sondern erzeugt Indizwirkung im Falle von Normabweichung. Dabei werden Indikatoren herangezogen und in ihrer Gesamtschau interpretiert, die bereits früher genutzt wurden und vorhanden sind. Einige Indikatoren werden neu entwickelt. Die Feststellung einer Normabweichung ist kein rein mathematischer Prozess: Erforderlich ist eine Gesamtschau aller Indikatoren, verbunden mit deren Interpretation und Bewertung. Da ein solches Monitoring bisher nicht praktiziert wurde, fehlen Erfahrungswerte; mit zunehmender Praxis sind Hinweise auf Mittel- bzw. Orientierungswerte zu erwarten. Die Indikatoren stellen als quantitative Erhebung nicht die einzige Erkenntnisquelle dar. Im Fall einer signifikanten Abweichung muss eine weitere – qualitative – Erhebung (Exploration) in der betroffenen Organisationseinheit erfolgen, beispielsweise durch Befragung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dabei ist immer auch die betroffene Führungskraft zu beteiligen. Die Verantwortung für die Führungsleistungen in der Behörde liegt bei der Behördenleitung. Diese wird bezüglich des Monitorings durch den Leitungsstab unterstützt. Die verantwortliche Einbeziehung der Personalstelle sollte dann obligatorisch sein, wenn Indikatoren und Informationen sensible Bereiche von Mitarbeitenden oder Führungskräften berühren. Zu einem für Führungskräfte verlässlichen Handlungsrahmen gehören zwingend auch Interventionen, wenn sich im Monitoring erkannte und durch Exploration bestätigte defizitäre Führungsleistungen darstellen. Um die individuellen Führungskompetenzen zu stärken, bedarf es dabei eines konstruktiven und fördernden Ansatzes. Intervention in Bezug auf Führung ist in diesem Verständnis nicht als Sanktion, sondern als Förderung und Hilfestellung zur Verbesserung zu verstehen. In diesem Zusammenhang sind Förderungsangebote wie Fortbildungsmaßnahmen und das Coaching zu nennen. Falls eine Führungskraft sich trotz größtmöglicher Unterstützung bei ihrer Aufgabenerledigung als ungeeignet erweist, müssen Konsequenzen bis hin zu einer Entbindung von der Führungsfunktion ergriffen werden. Analyse und Verbesserung der Führungsleistung im Austausch mit der betroffenen Führungskraft fördern deren Potenziale und stützen sie als Person. Diese und der motivierende Charakter einer solchen Intervention kommen mittelbar dem Leitziel zugute. Für den gesamten Prozess gilt:
- Frühzeitige Einbeziehung der betroffenen Führungskraft in die dem Monitoring angeschlossene Analyse- und Interpretationsphase (Feststellungsverfahren),
- verantwortliche Einbindung der nächsthöheren Führungskraft als Förderer und Fordernder für die betroffene Führungskraft,
- Möglichkeit eines Perspektivwechsels bei der Betrachtung von Führungsleistung,
- Dokumentation der Interventionsphasen,
- Förder- und Hilfsangebote zur Weiterentwicklung der Führungskraft.
Die Einzelheiten des Monitoring- und Interventionskonzeptes ergeben sich aus der Anlage 16 zu dieser Rahmenkonzeption.
5.5 Zuständigkeiten
Die grundsätzlichen Zuständigkeiten im strategischen Gesamtprozess gliedern sich wie folgt:
5.5.1 Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen
Das Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (IM NRW) legt die grundlegende strategische Ausrichtung fest. Das dort zuständige Referat koordiniert die Strategie und richtet die Führungsstrategie der Polizei NRW an dieser Rahmenkonzeption aus.
5.5.2 Landesoberbehörden
Die Landesoberbehörden (LOB) sind für die Umsetzung der Rahmenkonzeption „Verantwortliche Wahrnehmung von Führung in der Polizei NRW“ innerhalb ihrer Behörde verantwortlich. Sie analysieren ihre Gegebenheiten, identifizieren die Gestaltungsbereiche bzw. -notwendigkeiten und formulieren die nachhaltig zu verfolgenden Handlungsziele. Zudem befassen sich die Landesoberbehörden mit weiteren Zuständigkeiten und Aufgaben, die im Polizeiorganisationsgesetz bzw. im ergänzenden Runderlass28 geregelt sind.
5.5.3 Kreispolizeibehörden Die Kreispolizeibehörden (KPB) sind für die Umsetzung der Rahmenkonzeption „Verantwortliche Wahrnehmung von Führung in der Polizei NRW“ vor Ort verantwortlich. Sie analysieren die örtlichen Gegebenheiten und identifizieren maßgebliche Gestaltungsbereiche bzw. -notwendigkeiten und formulieren die nachhaltig zu verfolgenden Handlungsziele. Die Kreispolizeibehörden bilden die genannten steuerungsmethodischen Zusammenhänge in ihrem örtlichen Sicherheitsprogramm auf Grundlage der Führungsstrategie ab.
Fußnoten: Für die Audiofassung haben wir uns entschieden, auf Fußnoten weitestgehend zu verzichten. Zu finden sind alle Literaturhinweise, Querverweise und Quellenangaben vollständig in der schriftlichen Fassung.
Abbildungen: Abbildungen sind nur in der schriftlichen Fassung zu finden:
Anlagen: Zu einigen Themen gibt es zusätzliche Anlagen z.B. Informationsbögen oder Vorlagen für Vereinbarungen. Diese sind nur in der schriftlichen Fassung zu finden.
Die schriftliche Fassung können Sie hier aufrufen.