LZPD Podcast-E Anlage 9 Coaching
Anlage 9: Coaching
Diese Anlage beschreibt das Konzept des Coachings in der Polizei NRW, die Ziele, Zielgruppen, Rahmenbedingungen und den genauen Ablauf samt Zuständigkeiten in der Polizei.
- Einleitung
Die Polizei NRW ist auf gute Führung und damit auf motivierte, qualifizierte und leistungsfähige Führungskräfte angewiesen. Eine besondere Bedeutung kommt hierbei u. a. der individuellen Beratung, Begleitung und Unterstützung durch Coaching zu. Coaching ist ein Beratungs- und Unterstützungsangebot für Führungskräfte, welches ihrer individuellen Entwicklung dient. Kernstück des Coachings ist ein Beratungsprozess zwischen einer Führungskraft und einem ausgebildeten Coach (im Folgenden: Führungskräfteberaterin bzw. Führungskräfteberater). Die Führungskraft beauftragt diesen, sie/ihn bei einem konkreten Anliegen zu beraten. Die Führungskraft wird im Weiteren darin unterstützt, ihre Fähigkeiten und Kompetenzen weiter auszubauen, um den beruflichen Herausforderungen menschlich, sozial und fachlich (noch) kompetenter begegnen zu können. Das Coaching in der Polizei NRW ist eine individuelle und handlungsorientierte Prozessberatung, die eine Auftrags- und Zielklärung sowie je nach Anliegen eine individuelle Beratung, ein persönliches Feedback, ein Verhaltenstraining und eine Begleitung der Umsetzung beinhaltet.
2. Ziele
Coaching selbst kann in Abhängigkeit der individuellen Zielsetzung und Vereinbarung zwischen Führungskraft und Führungskräfteberaterin/-berater
· zur Weiterentwicklung persönlicher Fähigkeiten und individueller Kompetenzen,
· zur Klärung und Strukturierung der Führungsrolle und –aufgaben,
· zur verbesserten Führungs- und Strategiekompetenz (zur Weiterentwicklung persönlicher, sozialer und führungsfachlicher Kompetenzen),
· zur Klärung von Zielvorstellungen,
· zum Erkennen von Änderungsbedarfen und zum Anstoßen von Veränderungen sowie zum Aufzeigen von Entwicklungsansätzen,
· zur Optimierung der eigenen Leistungsfähigkeit,
· zur besseren Wahrnehmung der Mitarbeitenden,
· zur Erhöhung der Selbstreflexion (eigenes Verhalten und ihre Wirkung) und Verstärkung der Kritikfähigkeit,
· zur Lösung von führungsbezogenen konkreten individuellen Herausforderungen,
· zum Vollziehen grundlegender Entscheidungsprozesse,
· zum Perspektivenwechsel beitragen.
3. Zielgruppe
Das vorliegende Coaching-Angebot richtet sich an alle Führungskräfte2 der LG 2.1 und der LG 2.2 der Polizei NRW. Zudem haben Ratsbewerberinnen und Ratsbewerber die Möglichkeit während der Förderphase und des Studiums dieses Beratungsangebot zu nutzen.
4. Definition Coaching
Der Begriff „Coaching“ ist nicht geschützt. Die Beratungsmethode stammt aus den USA und wurde mit Beginn der 1980er Jahre durch die deutsche Wirtschaft aufgegriffen. Seit zwei Jahrzehnten findet eine zunehmende Professionalisierung des Coachings statt. Berufsverbände wurden gegründet, die Standards für die Qualifizierung von Coaches und die Durchführung von Coachings festgelegt haben. Die Verbände bemühen sich zudem um eine klare Begriffsbestimmung und um eine wissenschaftliche Überprüfung von Coachings hinsichtlich ihrer Wirksamkeit. Der Deutsche Bundesverband Coaching e. V. (DBVC) verwendet folgende Definition: „Coaching ist die professionelle Beratung, Begleitung und Unterstützung von Personen mit Führungs-/Steuerungsfunktionen und von Experten in Unternehmen/Organisationen. Zielsetzung von Coaching ist die Weiterentwicklung von individuellen oder kollektiven Lern- und Leistungsprozessen bzgl. primär beruflicher Anliegen.“ Coaching fokussiert somit vorwiegend auf Themen, die aus der Berufs- bzw. Führungsrolle entstehen. Es kann bedarfsweise auch Fachberatungen und Verhaltenstrainings beinhalten oder eine zusätzliche Komponente im Rahmen einer Mentoring-Beziehung darstellen. Es werden drei Arten von Anlässen für ein Coaching unterschieden:
Situationscoaching
aufgrund eines konkreten dienstlichen Anlasses, z. B.
· Bewältigung konkreter Herausforderungen
· Planung eines Konfliktgespräches
Entwicklungscoaching
auf Grundlage persönlicher Frage- und Problemstellungen, die sich aus den Aufgaben oder der Rolle einer Führungskraft ergeben, z. B.
· Entwicklung der Führungskompetenzen
· Ausgestaltung der Führungsrolle
· Selbstführung
Reflexion des Führungsverhaltens
Coaching als Vereinbarung
als Ausfluss eines (mehrdimensionalen) Führungsfeedbacks, eines Mitarbeitergespräches oder eines Kritikgespräches
Was ist Coaching nicht? Coaching unterscheidet sich von anderen Führungsberatungsinstrumenten wie beispielsweise der Kollegialen Beratung (Anlage 8) oder Supervision (Anlage 10) insbesondere hinsichtlich der Kompetenzen der Führungskraft, die diese vorranging weiterentwickeln möchte. Coaching (als persönliches Beratungsinstrument) fokussiert in Abgrenzung zur kollegialen Beratung (als gegenseitiges Beratungsinstrument von Führungskräften in einer Gruppe) beispielsweise eher auf die persönlichen als auf die fachlich-methodischen Kompetenzen und Herausforderungen in der Führungsrolle. Die Unterscheidung zwischen Coaching und Supervision ist nicht immer eindeutig und eine strenge Abgrenzung wird teilweise als überholt betrachtet5 , weil es sich bei beiden um prozessorientierte Beratung handelt. Während Coaching das Ziel der individuellen Weiterentwicklung (z. B. von Führungskompetenzen) hat, fokussiert die Gruppen- und Einzel-Supervision auf die Reflexion des beruflichen Handelns als Führungskraft, das durch die Supervision verbessert wird.
5. Rahmenbedingungen und Durchführung
5.1 Standards
Coachings werden bei der Polizei NRW ausschließlich von hierfür qualifizierten Führungskräfteberaterinnen und -beratern durchgeführt, die bezüglich der Beratungen explizit zur Verschwiegenheit verpflichtet wurden. Die Inanspruchnahme des organisationsinternen Coachings ist kostenfrei. Aufzuwendende Beratungs- und Fahrtzeiten finden während der Dienstzeit statt. Bei der Wahl der Räumlichkeiten und Settings von Coaching werden in den Polizeibehörden und im IM NRW Bedingungen geschaffen, die ein höchstmögliches Maß an Diskretion ermöglichen. In Ableitung der vorausgegangenen Erläuterungen wird folgender Standard für die Weiterentwicklung des Angebots Coaching für Führungskräfte der Polizei NRW avisiert:
· Coaching ist landesweit als Beratungsangebot bekannt (Informationsvermittlung).
· Coaching wird landesweit durch qualifiziertes Fachpersonal an verschiedenen Standorten angeboten (Zugänglichkeit).
· Öffentlichkeitsarbeit wird gezielt zur Förderung eines grundsätzlichen Umdenkens, zur Reduktion der Hemmschwellen der Inanspruchnahme und zur Etablierung des Coachings als Standard zur Professionalisierung von Führung eingesetzt (Akzeptanz).
· Mindeststandards für das Coaching (z. B. fachliche Qualifizierung der Führungskräfteberaterinnen und -berater, Rahmenbedingungen) sind landeseinheitlich definiert (Qualitätssicherung).
· Die Festsetzung und Einhaltung der Mindeststandards ist sichergestellt (Fachaufsicht). Es ist von der Zentralstelle für Führungs- und Führungsberatungsinstrumente (ZFüFBI) beim LAFP NRW, den Polizeibehörden und dem IM NRW sicherzustellen, dass grundsätzlich jede Führungskraft Zugang zu einem organisationsinternen Coaching erhält.
5.2 Phasen/Ablauf
Der Coaching-Prozess lässt sich in drei Phasen einteilen:
5.2.1 Initiierung und Kontaktaufnahme
Ein Coaching-Prozess kann ausschließlich durch die Führungskraft selbst initiiert werden. Gleichwohl ist die Aussprache einer Coaching-Empfehlung durch Vorgesetzte gegenüber ihnen unterstellten Führungskräften möglich. Eine Coaching-Empfehlung, die auf Entwicklungschancen fokussiert, kann zu einer Reduktion der Hemmschwelle beitragen, insbesondere, wenn die bzw. der Vorgesetzte selbst von positiven Erfahrungen mit dem Format berichten kann und die Möglichkeiten der Inanspruchnahme erleichtert. Eine anlassunabhängige Möglichkeit für Vorgesetze, ihnen nachgeordneten Führungskräften Coaching zu empfehlen, bietet sich beispielsweise in Mitarbeitergesprächen. Angeordnete Coachings durch höhergestellte Vorgesetzte oder die Behördenleitung bei wahrgenommenen Führungsdefiziten verschlechtern das Image und erhöhen die Hemmschwelle der Inanspruchnahme des Angebots. Vorgesetzte können ihnen unterstellten Führungskräften ein Coaching im Rahmen von Förder- oder Kritikgesprächen oder auch informell, z. B. aus Gründen der Fürsorge bei erhöhter Belastung, empfehlen. Die Inanspruchnahme bleibt grundsätzlich freiwillig und vertraulich und darf nicht zur Begründung dienstlicher oder disziplinarrechtlicher Konsequenzen herangezogen werden. Bei Unsicherheiten einer Führungskraft, ob ein Coaching das zielführendste Instrument für eine gegebene Situation ist, besteht die Möglichkeit eines individuellen Orientierungsgespräches. In diesem erhält die Führungskraft die Möglichkeit, in einem Einzelgespräch mit den Führungskräfteberatenden Fragen zum Coaching-Prozess zu klären sowie potenzielle individuelle Anliegen und den persönlichen Nutzen eines Coachings zu erörtern. Die Führungskräfte wenden sich mit ihrer Anfrage direkt an die/den für ihre Behörde zu-ständige/n Führungskräfteberaterin bzw. -berater (vgl. Abschnitt 8). Eine Einhaltung des Dienstweges ist nicht erforderlich.
5.2.2 Durchführung – Zielklärung und Intervention
Die Führungskraft und die/der Führungskräfteberatende vereinbaren in direktem Kontakt über das Orientierungsgespräch hinausgehende Beratungstermine. In der Einstiegsphase lernen sich die Führungskraft und die/der Führungskräfteberaterin/-berater kennen. Die Ausgangssituation, die Problemfelder, die von der Führungskraft gewünschten Ziele, die Rahmenbedingungen und der Ablauf des Coachings werden thematisiert und Absprachen über das weitere Vorgehen getroffen. Anschließend werden die Ziele genauer herausgearbeitet und sind Basis einer Coaching-Vereinbarung zwischen der/dem Führungskräfteberaterin/-berater und Führungskraft. Entsprechend den Zielen der Führungskraft bzw. der getroffenen Vereinbarung werden konkrete Lösungen erarbeitet. Es wird gemeinsam geschaut, wie weit die vereinbarten Ziele erreicht werden können. Die Anzahl und Frequenz der folgenden Sitzungen richten sich hierbei grundsätzlich nach den individuellen Themen und Zielen der Führungskraft.
5.2.3 Abschluss und Evaluation
In der Schlusssitzung wird der Beratungsprozess reflektiert und die Zielerfüllung beleuchtet, wie sich die Ergebnisse des Coachings im Alltag der Führungskraft ausgewirkt haben. Fragestellungen können hier sein:
· Was sollte beibehalten werden?
· Wo braucht es eine Anpassung der gelernten Strategien?
6. Qualitätssicherung und Evaluation des Coaching-Konzepts der Polizei NRW
Neben der individuellen Betrachtung jedes einzelnen Coachings wird das CoachingKonzept der Polizei NRW einer Evaluation unterzogen. Um die Qualität sicher zu stellen, werden kontinuierlich qualitätsbezogene Maßnahmen durchgeführt. Ziel der Evaluation ist, das Coaching-Konzept als Ganzes zu untersuchen und den Effekt auf die polizeiliche Führungsarbeit zu erheben, um anschließend Optimierungen vornehmen zu können. Dabei wird das Konzept aus Sicht der
· Führungskräfte (z. B. im Hinblick auf die persönliche Zielerfüllung, kurz- und langfristige Veränderungen und/oder subjektive Zufriedenheit),
· Führungskräfteberaterinnen und -berater (z. B. im Hinblick auf die Rahmenbedingungen, aber auch des Zielerreichungsgrades der Führungskräfte aus dem professionellen Blickwinkel der Führungskräfteberatenden),
· Organisation der Polizei NRW und zwar im Hinblick auf den Effekt für die Organisation evaluiert. Das kontinuierliche Sicherstellen der Qualität der einzelnen Beratungsprozesse ist ebenfalls Bestandteil des Konzeptes und beginnt mit der Definition von Standards in Bezug auf die Qualifikation der Führungskräfteberaterinnen/-berater und des Beratungsprozesses. Die Erfassung von Kennzahlen gehört ebenso zur Qualitätssicherung wie ein Supervisionsangebot für die Führungskräfteberatenden.
7. Öffentlichkeitsarbeit
Das Instrument des Coachings soll durch die Beschäftigten der Polizei NRW als konstruktive Methode der Führungskräfteentwicklung wahrgenommen und von Anbeginn mit positiven Aspekten der Organisation verknüpft werden. Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit sind folgende Maßnahmen vorgesehen:
· Informationstransfer in die Behörden durch das Change-Team Führungsstrategie 2.0.
· Vorstellung des Instruments Coaching im Rahmen der zentralen Führungskräfte-Fortbildungsveranstaltungen durch das LAFP NRW.
· Bereitstellung von Informationen zum Instrument Coaching im Intranet der Polizei NRW durch die Führungskräfteberatenden der in § 4 KHSt-VO genannten KPB und das LAFP NRW.
· Vorstellung des Instruments auf Führungskräftetagungen der KPB durch die Führungskräfteberatenden der in § 4 KHSt-VO genannten KPB.
· Veröffentlichung in Medien der Polizei NRW durch das LAFP NRW.
· Coaching-Empfehlungen als Bestandteil des (mehrdimensionalen) Führungsfeedbacks sowie von Mitarbeiter-, Förder- und Kritikgesprächen mit Führungskräften durch alle Führungskräfte der Polizei NRW.
8. Organisation und Zuständigkeit
8.1 Zuständigkeiten des LAFP NRW
Die Gesamtverantwortung für das Führungsberatungsinstrument des Coachings trägt das LAFP NRW, insbesondere für die Implementierung, die Fortentwicklung, das Controlling und die Evaluation. Darüber hinaus fungiert das LAFP NRW für die in den § 4 KHSt-VO genannten KPB tätigen Führungskräfteberatenden als Zentralstelle und führt deren Supervision durch. Die Führungskräfte der Abteilung 4 des IM NRW und der LOB melden ihr Interesse an einem Coaching an die ZFüFBI des LAFP NRW. Die Erfüllung des Bedarfs wird von dort koordiniert.
8.2 Zuständigkeiten der in der § 4 KHSt-VO genannten Kreispolizeibehörden
Die Beratung und Unterstützung der Führungskräfte der Polizei NRW erfolgt landesweit durch die Führungskräfteberatung der in § 4 KHSt-VO genannten KPB (PP Bielefeld, PP Dortmund, PP Düsseldorf, PP Essen, PP Köln, PP Münster). Diese bietet u. a. Coaching als individuelle Beratungsmethode an und ist in der Direktion Zentrale Aufgaben angebunden. Die Führungskräfteberatenden in diesen Behörden beraten und unterstützen die Führungskräfte der KPB im Zuständigkeitsbereich der Kriminalhauptstelle nach § 4 KHStVO.
8.3 Zuständigkeitsausnahmen
Mit zunehmendem Bekanntheitsgrad der Beratungsangebote für Führungskräfte ist eine Steigerung der Nachfrage zu erwarten, die zunächst mit den Führungskräfteberaterinnen und -beratern im eigenen Zuständigkeitsbereich gedeckt werden soll. Im Falle von personellen oder zeitlichen Engpässen können sich die Führungskräfteberatenden der KPB durch die freiwillige Übernahme von Coaching-Prozessen zeitlich befristet gegenseitig unterstützen. Diese Unterstützungsleistungen müssen mit den dienstlichen Anforderungen ihrer Dienstelle vereinbar sein. In Absprache mit der ZFüFBI im LAFP NRW sind darüber hinaus in begründeten Einzelfällen Ausnahmen von der grundsätzlichen Zuständigkeit gemäß Abschnitt 8.1 und 8.2 möglich.
9. Fazit
Coaching ist als individuelle Beratungsleistung für Führungskräfte zu sehen. Hier werden individuelle Lösungsstrategien für eine optimale persönliche Entwicklung erarbeitet. Bei der Umsetzung von Coaching-Prozessen werden Führungskräfte dabei unterstützt, in individuellen Anforderungssituationen effizient und erfolgreich zu handeln. Ziel ist die Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit. Dies hat zusätzlich eine positive Auswirkung auf die Erreichung der Organisationsziele und den täglichen Umgang mit den Mitarbeitenden. Führungskräfte nutzen reflektiert und gestärkt ihre Ressourcen. Die Motivation und Zielfokussierung im Sinne der Führungsaufgabe rückt in den Vordergrund.
Fußnoten: Für die Audiofassung haben wir uns entschieden, auf Fußnoten weitestgehend zu verzichten. Zu finden sind alle Literaturhinweise, Querverweise und Quellenangaben vollständig in der schriftlichen Fassung.
Abbildungen: Abbildungen sind nur in der schriftlichen Fassung zu finden:
Anlagen: Zu einigen Themen gibt es zusätzliche Anlagen z.B. Informationsbögen oder Vorlagen für Vereinbarungen. Diese sind nur in der schriftlichen Fassung zu finden.
Die schriftliche Fassung können Sie hier aufrufen.